ALTSCHNEEFELDER - GO ODER NO-GO?
- Alex
- 1. Mai 2024
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Juli 2024

Bildnachweis: © bergplaisir.eu
Auch wenn im Tal schon frühlingshafte Temperaturen herrschen, liegt oben am Berg vielerorts noch Schnee. Gerade nach schneereichen Wintern ist es eine Gegebenheit, dass Berg- und Wanderwege in höheren Lagen oft bis in den Sommer hinein mit steilen Schneefeldern versehen sind.
Im Folgenden haben wir für euch die wichtigsten Gefahren beleuchtet und geben Handlungsempfehlungen, damit ihr dem Thema Altschneefelder bestens gerüstet entgegentreten könnt:
DIE GEFAHREN DER ALTSCHNEEFELDER
► Rutschgefahr
Aufgrund ihrer glatten Oberfläche können Altschneefelder äußerst rutschig sein, insbesondere wenn sie von einer dünnen Eisschicht bedeckt sind. Ein falscher oder unvorsichtiger Schritt kann dazu führen, dass ihr ausrutscht und (ab)stürzt, was ohne Konsequenzen bleiben kann, aber sehr oft zu leichten bis hin zu tödlichen Verletzungen führt.
► Instabilität
Altschneefelder können aufgrund von Schmelzprozessen, Temperaturschwankungen oder anderen Umweltfaktoren instabil sein. Dies kann zu Lawinen führen, insbesondere wenn sich das Altschneefeld an steilen Hängen befindet. Selbst kleine Störungen können eine Lawine auslösen, die eine ernsthafte Bedrohung für Personen darstellen kann, die sich in der Nähe befinden.
► Verdeckte Gefahren
Unter der oberflächlichen Schneedecke können sich verborgene Gefahren wie Spalten, Felsbrocken oder andere Hindernisse befinden. Insbesondere in Gebieten mit unebenem Gelände ist es möglich, dass ihr unerwartet auf solche Hindernisse trefft, was zu Stürzen oder Verletzungen führen kann.
► Wetterbedingungen
Altschneefelder finden sich oft an Orten, an denen sich das Wetter schnell ändern kann. Plötzliche Schneefälle, Stürme oder starke Winde können die Bedingungen innerhalb kürzester Zeit verschlechtern und z. B. die Navigation erschweren. Daher solltet ihr stets auf plötzliche Wetteränderungen vorbereitet sein und angemessene Schutzausrüstung mitführen.
► Höhensonne
Aufgrund der reflektierenden Eigenschaften von Schnee können Altschneefelder die Einwirkung der Sonne verstärken, insbesondere in hoch gelegenen Gebieten. Dies kann, wenn keine angemessenen Sonnenschutzmaßnahmen ergriffen werden, zu Sonnenbrand, Sonnenstich oder sogar schwerwiegenderen gesundheitlichen Problemen führen.
MITTEL DER WAHL - DIE GEWISSENHAFTE TOURENPLANUNG
Eine kluge Tourenplanung ist die Basis für eine sichere und gelungene Tour. Nachfolgende Tipps helfen euch, eure Tour in Bezug auf Altschneefelder zu planen.
► Routenplanung
Wählt Routen, die weniger exponiert sind (Hangneigung) und das Risiko minimieren, auf gefährlichem Terrain stecken zu bleiben. Plant zusätzliche Zeit ein, da die Querung von Altschneefeldern entsprechend zusätzliche Zeit benötigt. Plant ggf. auch alternative Routen, falls die Bedingungen schlechter sind als erwartet, somit müsst ihr die Tour nicht komplett abbrechen. Wildschutzzonen sind als Ausweichrouten selbstverständlich tabu.
Bewertet in eurer Routenplanung insbesondere die Risiken, die mit dem Überqueren von Altschneefeldern verbunden sind. Das Wissen über die Schneebeschaffenheit, Lawinengefahr und potenzielle andere Gefahren wie z. B. Steinschlaggefahr ist entscheidend.
Wenn ihr im Winter nicht gerade Sportskanonen wart, beachtet bei der Routenplanung eure aktuelle Kondition.
► Wetter und Schneebedingungen
Überprüft bei der Planung und unmittelbar vor eurer Tour die aktuellen Wettervorhersagen, Schneebedingungen und ggf. den Lawinenlagebericht in der Region eurer geplanten Tour.
►►► Bergwetter Alpen & Mittelgebirge (externer Link)
►►► Lawinenlagebericht Bayern (externer Link)
Lawinenlageberichte für andere Alpenländer findet ihr ganz einfach über eine Suchmaschinensuche im Internet. Weitere wertvolle Informationsquellen zu den aktuellen Konditionen sind Hüttenwirte (bei bereits geöffneten Hütten) und die Touristinfos in den jeweiligen Tourgebieten.
► Flexibilität
Wie bereits im Punkt Routenplanung erwähnt, seid bereit, eure Pläne anzupassen oder die Tour abzubrechen, wenn die Bedingungen zu riskant werden. Safety first!
► Ausrüstung
Damit ihr im Frühjahr für Altschneefelder-Überraschungen gewappnet seid, solltet ihr stets Bergschuhe mit rutschfester Profilsohle tragen, sie erleichtern ein aktives Einsetzen des Sohlenrandes oder der Fußspitze. Stellt sicher, dass ihr neben den Bergschuhen die weitere richtige Ausrüstung dabeihabt, um Altschneefelder sicher zu passieren. Spikes bzw. Grödel oder Steigeisen (passend zu eurem Bergschuh), Handschuhe und für die Erfahrenen unter euch Eispickel, Seile und Lawinenausrüstung.
► Kenntnisse und Erfahrungen
Wandern, Bergsteigen und insbesondere das Passieren von Altschneefeldern erfordern spezifische Kenntnisse und Erfahrungen. Stellt sicher, dass ihr über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um sicher zu agieren und auf unvorhergesehene Situationen zu reagieren. Zumindest für die Theorie gibt es z. B. das (kostenpflichtige) Booklet Bergwandern des Österreichischen Alpenvereins:
►►► Booklet Bergwandern (externer Link)
Für die Praxis gilt es Erfahrungen zu sammeln oder ihr nehmt die Schulungsangebote diverser Anbieter, die sich mit einer kurzen Internetrecherche finden lassen, in Anspruch.
► Sicherheitsvorkehrungen
Informiert jemanden über eure geplante Route und eure voraussichtliche Rückkehrzeit. Stellt sicher, dass ihr jederzeit einen Notruf absetzen könnt und führt ein der Tour angepasstes Erste-Hilfe-Set mit euch.
WANN UND WIE SCHNEEFELDER QUEREN?
Im Folgenden beschränken wir uns hier auf die sehr oft auftretende Situation mit Spikes bzw. Grödel oder Steigeisen und Handschuhen als Hilfsmittel ausgerüstet auf ein Altschneefeld zu treffen und der Annahme, dass Altschneefeld kann nicht gefahrlos umgangen werden.
Wenn das Passieren von Altschneefeldern im flachen Gelände in der Regel kein Problem darstellt, bergen bereits flachere Hänge mit 30 Grad Hangneigung ein ernsthaftes Gefahrenpotenzial. Schneefelder, die in felsigem Gelände oder einem Abgrund enden, sollten auf keinen Fall gequert werden. Grundsätzlich solltet ihr Altschneefelder auch nicht an ihren Rändern begehen, da hier oft Hohlräume freigeschmolzen sind, in die ihr einbrechen könnt.
Wenn ihr auf eurer Tour auf ein Altschneefeld trefft, solltet ihr wie folgt verfahren:
► Betrachtet das Altschneefeld und wählt eine möglichst kurze, leicht ansteigende Route durch das Schneefeld.
► Prüft, ob die obere Schneedecke genug aufgeweicht ist, um problemlos einen stabilen Tritt in den Schnee zu setzen. Ist dies nicht möglich, ist hier ohne weiterreichende Kenntnisse und Hilfsmittel der Punkt erreicht, umzudrehen bzw. die Tour abzubrechen.
► Legt jetzt eure Spikes bzw. Grödel oder Steigeisen an und zieht eure Handschuhe an. Handschuhe schützen euch bei Stürzen vor Hautabschürfungen und weiteren Verletzungen, da der gefrorene Schnee sehr scharfkantig sein kann.
► Schlagt euren Bergschuh mit einer festen, sichelförmigen Bewegung in den aufgeweichten Schnee, um einen sicheren, nach innen hängendem Tritt zu schaffen. Achtet darauf, dass sich die ganze Schuhkante im geschaffenen Tritt befindet.
► Macht kleine Schritte, geht langsam und konzentriert.
► Beim Gehen mit Stöcken erst die Stöcke, dann den Tritt setzen. Beachte, dass die Stöcke euch helfen, das Gleichgewicht zu halten, sie können aber kein Abrutschen verhindern.
WAS TUN, WEN MAN INS RUTSCHEN GERÄT?
Wenn ihr trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ins Rutschen geratet und keine Steigeisen tragt, gilt es euch umgehend in die Bauchlage zu drehen und in die Liegestützposition zu drücken. Nur so besteht die Chance, den Rutschvorgang abzubremsen, bevor die Rutschgeschwindigkeit unkontrollierbar wird.
Tragt ihr Steigeisen, ist es elementar wichtig, nicht mit den Steigeisen zu bremsen! Auch hier gilt es euch, wenn ihr ins Rutschen geratet, umgehend in die Bauchlage zu drehen und mit gehobenen Unterbeinen (Steigeisen haben keinen Bodenkontakt) in die Liegestützposition zu drücken. Wenn ihr mit den Steigeisen bremst, kann es zu gravierenden Bänderverletzungen und unkontrollierten Überschlägen kommen.
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Wir hoffen euch mit den gegebenen Tipps bestens auf die Begegnung mit Altschneefeldern vorbereitet zu haben und wünschen euch stets schöne und verletzungsfreie Touren!
Wichtiger Hinweis:
Alle Angaben ohne Gewähr auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Wirksamkeit!
Autor:
Alex Halas, München
Datenquelle:
Halas, 2024
Fußnote:
Keine
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